Produktion geschmiedete Felgen
Geschmiedete Felgen repräsentieren die absolute Spitze der Radtechnologie und bieten eine unübertroffene Kombination aus Festigkeit, Leichtigkeit und Performance. Ihr komplexer Herstellungsprozess ist der Schlüssel zu diesen Eigenschaften. In diesem Leitfaden tauchen wir tief in die Welt der Schmiedekunst ein, beleuchten die Unterschiede zwischen ein-, zwei- und dreiteiligen Konstruktionen und verfolgen den Weg des Aluminiums vom rohen Block bis zum fertigen High-Performance-Rad.
Die Welt der geschmiedeten Felgen: Einteilig vs. Mehrteilig
Bevor wir in den Herstellungsprozess eintauchen, ist es wichtig, die fundamentalen Bauweisen zu verstehen, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile bieten.
Einteilige Felgen (Monoblock)
Wie der Name schon sagt, wird eine Monoblock-Felge aus einem einzigen Stück Aluminium geschmiedet und gefräst. Dies resultiert in der leichtesten und steifsten möglichen Radkonstruktion. Durch das Fehlen von Schrauben oder Schweißnähten gibt es keine potenziellen Schwachstellen. Diese Bauweise bietet das beste Feedback und die höchste Performance, weshalb sie die erste Wahl für den professionellen Motorsport und für Supersportwagen ist.
Zweiteilige Felgen
Zweiteilige Felgen bestehen aus zwei Hauptkomponenten: dem Felgenstern (dem Design-Teil in der Mitte) und der Felgenschüssel (dem inneren und äußeren Felgenbett als eine Einheit). Der Stern wird geschmiedet, während die Schüssel entweder ebenfalls geschmiedet oder im Flow-Forming-Verfahren hergestellt wird. Die beiden Teile werden meist miteinander verschraubt und versiegelt. Diese Konstruktion ermöglicht eine hohe Flexibilität bei Einpresstiefe (ET) und Design, bei gleichzeitig hoher Stabilität.
Dreiteilige Felgen
Die dreiteilige Felge ist die Krönung der Individualisierbarkeit. Sie besteht aus drei Komponenten: dem geschmiedeten Felgenstern, dem inneren Felgenbett und dem äusseren Felgenbett (Felgenlippe). Alle drei Teile werden durch eine Vielzahl von hochfesten Schrauben (oft aus Titan) miteinander verbunden. Dies ermöglicht eine nahezu unbegrenzte Anpassung von Breite, Einpresstiefe und Finish. Beschädigungen, z.B. an der Felgenlippe, können repariert werden, indem nur die betroffene Komponente ausgetauscht wird, was bei einer Monoblock-Felge unmöglich wäre.
Der detaillierte Herstellungsprozess
Schritt 1: Das Ausgangsmaterial – Hochreine Aluminiumlegierungen
Jeder Prozess beginnt mit der Auswahl des richtigen Materials. Für geschmiedete Felgen werden zylindrische Blöcke, sogenannte "Billets", aus extrem reinen und hochwertigen Aluminiumlegierungen verwendet. Die gängigste ist die 6061-T6 Legierung, bekannt aus der Luft- und Raumfahrt für ihre exzellente Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Zähigkeit. Für extreme Anwendungen kommt auch die noch festere 7075-Legierung zum Einsatz. Die exakte chemische Zusammensetzung und Reinheit des Billets ist die Grundlage für die spätere Performance des Rades. Für mehrteilige Räder werden unterschiedliche Rohlinge für den Stern und die Felgenbetten verwendet.


Schritt 2: Das Schmieden – Verdichtung unter extremem Druck
Dies ist der entscheidende Schritt, der einer geschmiedeten Felge ihren Namen und ihre überlegene Stärke verleiht. Der Aluminium-Billet wird in einem Industrieofen auf ca. 450-500°C erhitzt, bis er eine teigige Konsistenz erreicht. Anschließend wird er in eine hydraulische Schmiedepresse gelegt, die mit einer unvorstellbaren Kraft von 8.000 bis 10.000 Tonnen auf das Material einwirkt. In mehreren Stufen presst die Maschine das Aluminium in eine grobe Form, den sogenannten Felgenrohling. Dieser Prozess richtet die mikroskopische Kornstruktur des Aluminiums neu aus, verdichtet sie extrem und eliminiert jegliche Porosität oder Lufteinschlüsse. Das Ergebnis ist ein Materialgefüge von enormer Dichte und Festigkeit. Bei mehrteiligen Felgen wird in diesem Schritt primär der Felgenstern geschmiedet.

Schritt 3: Formung des Felgenbetts & der Felgenschüssel
Je nach Felgentyp wird nun das Felgenbett (der Bereich für den Reifen) geformt. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze:
Für Monoblock-Felgen: Vollständiges CNC-Fräsen
Der in Schritt 2 geschmiedete Rohling ist ein massiver, dicker Block. Das gesamte Felgenprofil, inklusive des tiefen Felgenbetts, wird später in Schritt 5 aus diesem vollen Block herausgefräst. Dies gewährleistet eine durchgehende, homogene Kornstruktur von der Nabe bis zum Felgenhorn.

Für mehrteilige Felgen: Flow-Forming / Rotationswalzen
Die Felgenbetten (Schüsseln) für zwei- und dreiteilige Räder werden oft im Flow-Forming-Verfahren hergestellt. Man beginnt mit einer geschmiedeten oder gegossenen Aluminiumscheibe, die eingespannt und in schnelle Rotation versetzt wird. Hydraulische Stahlwalzen üben nun massiven Druck aus und "ziehen" bzw. "strecken" das Material über eine Form zur gewünschten Breite und Form des Felgenbetts. Dieser Prozess verdichtet das Material des Betts zusätzlich und schafft ein leichtes, aber extrem stabiles Bauteil – perfekt für die Kombination mit einem geschmiedeten Stern.

Schritt 4: Die Wärmebehandlung (T6-Vergütung)
Nach der Grobformung sind die geschmiedeten Teile noch relativ weich. Um ihre maximale, endgültige Festigkeit zu erreichen, durchlaufen alle geschmiedeten Komponenten (Monoblock-Rohlinge, Felgensterne, geschmiedete Felgenbetten) einen präzisen, dreistufigen Wärmebehandlungsprozess, bekannt als T6-Vergütung:
- Lösungsglühen: Die Teile werden für mehrere Stunden in einem Ofen auf eine hohe Temperatur erhitzt, um die Legierungselemente im Aluminium gleichmäßig zu verteilen.
- Abschrecken (Quenching): Unmittelbar danach werden die glühenden Teile extrem schnell in einem Wasser- oder Polymerbad abgekühlt. Dieser "Schock" friert die atomare Struktur ein.
- Warmauslagern (Künstliches Altern): Abschließend werden die Teile für viele Stunden bei einer niedrigeren Temperatur "gebacken". In dieser Phase bilden sich feine, harte Partikel in der Metallmatrix, die die Festigkeit und Härte des Materials drastisch erhöhen.
Erst nach diesem Prozess hat das Aluminium seine finale, hochfeste T6-Kondition erreicht.

Schritt 5: Die CNC-Bearbeitung – Vom Rohling zum Kunstwerk
Dies ist der magische Schritt, in dem das endgültige Design entsteht. Der wärmebehandelte Rohling wird in eine hochmoderne, oft 5-achsige CNC-Maschine (Computerized Numerical Control) eingespannt. Basierend auf einem komplexen CAD-Modell fräsen und drehen computergesteuerte Werkzeuge das finale Design aus dem vollen Material. Bei einer Monoblock-Felge kann dieser Prozess viele Stunden dauern, da bis zu 80% des ursprünglichen Rohlings als feine Späne entfernt werden, um die filigranen Speichen, Konturen und das geringe Gewicht zu realisieren. Bei mehrteiligen Felgen konzentriert sich die CNC-Bearbeitung auf den Felgenstern und die präzisen Montageflächen, die eine perfekte Passform mit dem Felgenbett gewährleisten müssen. Hier ist Präzision im Mikrometerbereich gefragt.

Schritt 6: Oberflächenveredelung & Montage
Der letzte Schritt verleiht der Felge ihr atemberaubendes Aussehen und schützt sie vor den Elementen.
Finishing
Die fertig gefräste Felge wird entgratet und für die Oberflächenbehandlung vorbereitet. Die Möglichkeiten sind nahezu endlos: von hochglanzpolierten oder gebürsteten Oberflächen, die die reine Metallstruktur zeigen, bis hin zu Pulverbeschichtungen in unzähligen Farben. Eine transparente Pulverbeschichtung oder ein Klarlack schützt das Finish vor Korrosion und Kratzern.


Montage mehrteiliger Felgen
Bei zwei- und dreiteiligen Felgen folgt nun die Hochzeit. Die einzelnen Komponenten werden zusammengefügt. Eine spezielle Silikondichtung wird auf die Verbindungsflächen aufgetragen, um eine luftdichte Versiegelung zu garantieren. Anschließend werden die hochfesten Schrauben (oft aus Titan für maximale Stärke bei minimalem Gewicht) eingesetzt und mit einem präzisen Drehmoment in einem sternförmigen Muster angezogen, um eine gleichmäßige Spannung zu gewährleisten. Nach einer finalen Qualitätskontrolle ist das Rad bereit.



1-Teilig vs. 2-Teilig vs. 3-Teilig im Überblick
Merkmal | 1-Teilig (Monoblock) | 2-Teilig | 3-Teilig |
---|---|---|---|
Struktur | Aus einem einzigen Block geschmiedet und gefräst. | Geschmiedeter Stern, verschraubt mit einer Felgenschüssel. | Geschmiedeter Stern, verschraubt mit innerem und äußerem Felgenbett. |
Gewicht | Am leichtesten. Keine Schrauben, keine Dichtungen. | Leicht. Geringfügig schwerer durch Schrauben und Überlappungen. | Am schwersten. Viele Schrauben und mehrere Bauteile. |
Festigkeit / Steifigkeit | Am höchsten. Maximale strukturelle Integrität. Ideal für Rennstrecke. | Sehr hoch. Die Verbindung ist ein potenzieller, wenn auch minimaler Flexpunkt. | Hoch. Bietet hohe Stabilität, ist aber die am wenigsten steife Konstruktion. |
Individualisierung | Gering. Nur Finish und Farbe sind anpassbar. | Hoch. Einpresstiefe, Breite und Finish von Stern/Schüssel sind variabel. | Maximal. Jede Komponente kann individuell angepasst werden. |
Reparierbarkeit | Sehr gering. Strukturelle Schäden bedeuten meist einen Totalverlust. | Gut. Beschädigte Felgenschüssel kann oft ausgetauscht werden. | Exzellent. Jedes der drei Teile kann einzeln ersetzt werden. |
Kosten | Sehr hoch. Hoher Materialeinsatz und extrem lange CNC-Zeiten. | Hoch bis sehr hoch. Balance zwischen Komplexität und Materialeinsatz. | Am höchsten. Höchste Komplexität in Fertigung und Montage. |
geschmiedte Felgen Angebot